GERHARD F. KOFLER

Friedensaktivist, Autor, ehem. Agenturleiter. Waffenloser Wehrdienst, 6 Jahre in der Entwicklungszusammenarbeit ehrenamtlich tätig u.a. für Attac, AbFaNG, Naturfreunde, Volkshilfe und Rotes Kreuz. > Texte des Autors zum Thema Frieden und Gewaltfreiheit in dieser Website

Ein Hauch von Freiheit

Ja damals . . .
als 500.000 in Woodstock gemeinsam grölten und tanzten
als 100.000 am Heldenplatz das Lichtermeer pflanzten
als Luther King „I had a dream“ in die Menge brüllte
als Pete Townshend im Hyde Park seine Gitarre zerknüllte
als Kennedy „ik bin en Berliner“ sympathisch buchstabierte
als die kalte Mauer geöffnet, bejubelt und nichts eskalierte
als wir Zwentendorf stoppten, bevor es noch losging
als das grüne Pflänzchen in der Au zum Blühen anfing
als wir meinten, dass der Wohlstand uns allen gehöre
als die Zukunft friedvoll leuchtete – Freiheit betörte
ja damals . . .

Und heute . . .
jetzt sind die Lobbys, die wilden Finanzmärkte los
frechen Checker und Macher, Liberalismus ganz groß
Solidarität scheint für viele zum Fremdwort geworden
die Hände im Schoß, Freiheitsgedanken verdorben.
Ich hoffe, ich höre die Jugend bald rufen: Genug!
Wir wollen den Menschen im Zentrum und nicht Betrug.

Zahlenfriedhof

Sie sagen: Es sind „nur“ fünf Millionen mehr.
und tönen: „Friedenssicherung“ muss her.
Sie lassen uns alle dafür blechen
und die Drohnen „zielgenau“ sprechen.

2.000 Milliarden jährlich für Waffen
bezahlt von uns allen – zum „Frieden“ machen.
Wer hat den Wahnsinn von uns bestellt?
Wie hat sich dies Denken nur eingestellt?

Trump sagt 2 Prozent muss Europa schaffen,
müssen die NATO-Länder zusammenraffen.
Ich fragen mich nur: Wann haben Waffen
statt Toten schon echten Frieden geschaffen?

Und dort, am anderen Ende der Welt
werden auch täglich Tote gezählt:
Kinder, die vor Hunger krepieren
9.000 täglich. – Nicht zum Kapieren!

VorMärz

fahlgrau, erdig braun
vereinzelt Spuren von Eis
Fäulnis und Wirrwarr
vom geschmolzenen Schnee entblößt

es ist das Nichts, Trostlosigkeit
entmutigende Ruhe
das Unergreifbare, Bedrohliche
hat sich schleichend alles unterworfen

und zart, ganz zart
hörst du’s lispeln

es ist die Kluft dazwischen
der Übergang von schneebedeckt
zum sehnsuchtsvoll und ungeduldig
erwarteten Frühlingsgrün. Aufbruch

und plötzlich brechen sie hervor
aus braungrauer Eintönigkeit
erste Hoffnungsbringer
heben ihre Köpfe, sonnenbekränzt

und endlich, endlich
helle Zukunftstöne

leben

Ich brenne
ich brenne nach Intensität
ich brenne nach Nähe
ich brenne nach Leben

ich ruhe
ich ruhe gegen die Angst
ich ruhe gegen die Aufregung
ich ruhe ohne Anstrengung

ich lasse
ich lasse den Lärm draußen
ich lasse die Wut den anderen
ich lasse die Zeit Zeit sein

ich hinterlasse
nichts

 

Elegie auf die Regierung

In Eurem neuen smarten Regierungsprogramm
ruft Ihr „Führer“ lautstark und ohne Scham,
ganze zweihundertzehn Mal den SCHUTZ heran.
Um uns zu täuschen? – Wer hat wem was getan?

Das türkis-moderne Wort DIGITAL
gibt’s flotte hundertachtundachtzig Mal.
Und hundertsiebzig Mal erwähnt Ihr SICHERHEIT.
Vor wem habt Ihr Angst? – Vor Eurer Eitelkeit?

Um die Gunst der noblen Spender buhlt Ihr weiter ganz stramm,
so nennt Ihr hundertzwanzig Mal UNTERNEHMEN im Programm.
Von Eurem Mega-Gott MARKT, dem Unbekannten,
lässt Ihr euch schöne hundertdreizehn Mal umranken.

Hundertfünf Mal nennt Ihr die ZUKUNFT gleich.
Die kommt von allein, für Arm und Reich.
Nicht mehr so aktuell scheint Euch die UMWELT zu sein,
die fällt Euch im Text matte fünfzig Mal ein.

Es gibt auch Stiefkinder in Eurem Programm,
so sprecht Ihr die DEMOKRATIE nur zehnmal Mal an.
Am letzten Platz, nicht ganz unverhofft,
ein einz‘ger ARBEITER. – Das ist nicht oft.

Zur Worthäufigkeit im VP-FPÖ-Regierungsprogramm vom Dez. 2017

Kommen und gehen

Wie ein Vogel,
elegant und leicht,
schwebt mein Drachen im Wind.
An seiner Schnur
gleiten meine Gedanken hinauf,
zu ihm, meinem Vater,
der nie den Drachen
gegen den Wind mir hielt.
Er entkam viel zu früh –
in den Tod.
Jetzt steht mein Sohn
und folgt mit aufgeregtem Blick
dem Schwingen.

knetbar

Ich bin Teig
ich gehe auf, sinke zusammen, um erneut aufzugehen

Ich liege ruhig da und bin doch in Bewegung
ich bin in Arbeit und bleibe immer halbfertig

Ich bin in meiner Form ganz formlos
ich bin in meinem Lossein ganz gebunden

Ich bin in meiner Endlichkeit ganz zeitlos
ich bin in Arbeit, noch immer in Arbeit