Religion & Friede

Friedliches Miteinander und offener Diskurs

In praktisch allen Religionen spielt der Friedensbegriff eine große Rolle. Genauso wie die meisten Religionsgemeinschaften sich um den sozialen Ausgleich bemühen, ist auch das friedliche Miteinander ein zentrales Anliegen. Jedoch weicht die Praxis einiger religöser Gruppen und vor allem auch das tatsächliche persönliche Verhalten von manchen Ordensmenschen von den festgeschriebenen Werten ab.

Und die Sicht auf das Weltgeschehen der verschiedenen Würdenträger unterscheidet sich sehr. So äußert sich Papst Franziskus klar und deutlich wie kein anderer Papst vor ihm, wenn er sagt: „In der Tat erleben wir gerade einen ’stückweisen‘ Weltkrieg.1 Es herrscht ein Dritter Weltkrieg, den die Menschheit gegen sich führt … Wir stecken mitten in einem dritten Weltkrieg, allerdings in einem Krieg in Raten.2 Dieser wird in Etappen, abschnittsweise oder punktuell geführt, gespeist von der Grausamkeit derer, die in der Anonymität ihrer sozioökonomischen Entscheidungen eine unsichtbare Tyrannei ausüben etwa durch Freihandelsabkommen und Sparzwänge. 3

Es gibt Wirtschaftssysteme, die, um überleben zu können, Krieg führen müssen. Also produzieren und verkaufen sie Waffen. So werden die Bilanzen jener Wirtschaftssysteme saniert, die den Menschen zu Füßen des Götzen Geld opfern.4 Aber weil man keinen Dritten Weltkrieg führen kann [so Franziskus], führt man eben regionale Kriege. … dadurch wird offenbar die Bilanz der Götzendienst-Wirtschaft saniert, so sanieren sich die wichtigsten Wirtschaftsblöcke der Welt, die dem Götzen Geld den Menschen als ein Opfer vor die Füße legen …“ 5

Diese hintergründige wirtschaftliche Tyrannei führe auch zu einem wirtschaftlichen Grundterrorismus. Aus diesem entstehen im Gefolge auch andere Arten des Terrorismus!

Literatur   
[1]
      Besuch der Universität Roma Tre, 17. 2. 2017 
[2]      Franziskus (2014): Ansprache vor den Teilnehmern am Welttreffen der sozialen Bewegungen, Rom, 28. 10. 2014 (zitiert nach ; online: www.itpol.de/?p=1491 

[3]      Predigt in Lampedusa, 8. 7. 2013
[4]      Franziskus 2014, 249.
[5]      Franziskus (2014a): Interview mit Vanguardia/ Canal 4 vom 16. 9. 2014.

D. Berrigan: „Der Prozeß gegen die Neun von Catonsville“

D. Berrigans Theaterstück „Der Prozess gegen die Neun von Catonsville“ hat einigen Staub aufgewirbelt. Der Jesuitenpater Daniel Berrigan (1921 – 2016) setzte sich für die Opfer der imperialistischen Kriege der USA ein und ging dafür erhebliche Risiken ein. Berrigan entstammte einer armen, kinderreichen katholischen Arbeiterfamilie. Univ.-Prof. i.R. Gerhard Oberkofler verfasste im April 2021 für die ZdA – Zeitung der Arbeit – einen ausführlichen Bericht über das Leben und das eindrucksvolle Wirken Dan Berrigans.
> zum ZdA-Bericht, Teil 1     > zum ZdA-Bericht, Teil 2 
In Oberkoflers Bericht heißt es u.a.:

In der 11. Szene seines Stücks sagt D. Berrigan : „Damals lebte noch Kardinal Francis Spellman (1889–1967). Er hatte unsere Kriege immer bejaht. Für ihn war dies der höchste Glaubenssatz des amerikanischen Christen, dass die militärische Macht des Landes zu unterstützen ist. Mit seinen Weihnachtsbesuchen bei unseren Truppen in aller Welt und insbesondere in Vietnam gab er dem militärischen Abenteurertum den Segen der Kirche“. Ein dazu passendes Zitat ist aus dem vom späteren Kardinal John O’Connor (1920–2000) herausgegebenen Buch „American Catholic Exodus“ („Ein Krieg der Reichen, aber ein Kampf der Armen“) im Programmheft abgedruckt. Die katholische Hierarchie, die erst mit Papst Franziskus Selbstkritik kennengelernt hat, verließ sich auf die Masse ihrer antikommunistischen Priester wie Andrew Greeley (1928–2013), der in seinen wöchentlichen Kolumnen in der Chicago Sun Times schrieb, dass die Berrigans und der gegen den Vietnamkrieg protestierende Pöbel diesen Krieg nur verlängern würden.
Innerhalb der Kirchen, deren Führungsapparat Aktien von US-Rüstungsfirmen in Millionen von Dollar investierte, hat es immer zwei Klassenlinien gegeben, die notwendigerweise zu unterschiedlichen Parteinahmen führen mussten. Zu den Kernaussagen des Stückes gehören die Sätze von Ph. Berrigan „Wir können nicht die Abstraktion des Kommunismus widerlegen, indem wir Menschen töten, die dran glauben. Wir können nicht vom Frieden reden, während unser Tun uns Lügen straft“ und von D. Berrigan „Die Welt erwartet, dass sich Christen keiner Abstraktion mehr widmen, sondern sich der blutbefleckten Fratze gegenüberstellen“. Das ist ein revolutionärer Leitsatz. Lenin hat in seiner fundamentalen Arbeit über „Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution“ davor gewarnt, das Konkrete durch Abstraktes zu ersetzen: „Es gibt keine abstrakte Wahrheit. Die Wahrheit ist immer konkret“.