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Positionspapier des Aktionsbündnisses
für Frieden, aktive Neutralität & Gewaltfreiheit – AbFaNG

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Die Entschlossenheit der Völkergemeinschaft, zukünftige Generationen vor der Geißel des Krieges zu bewahren, wird bereits in der Präambel der Charta der Vereinten Nationen ausgedrückt. In diesem Sinne hält auch die Verfassung der UNESCO fest, dass der Friede im Geist der Menschen so verankert werden muss, dass Kriege undenkbar werden. Die UNESCO stellte 1995 das Konzept einer „Kultur des Friedens“ vor, und die Vereinten Nationen erklärten die Jahre 2001 bis 2010 zur „Internationalen Dekade für eine Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit für die Kinder der Welt“.

Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen bringt klar zum Ausdruck, dass zukunftsfähige Entwicklung nur mit Frieden, und Frieden nur mit zukunftsfähiger Entwicklung möglich ist.

2015 wurden 17 „Nachhaltige Entwicklungsziele“ (SDG) von den UN-Mitgliedern verabschiedet, zu deren Umsetzung sich auch Österreich verpflichtet hat. Insbesondere das Ziel 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen) spricht die Notwendigkeit eines inklusiven Friedens für die gesamte Weltbevölkerung an, um ein gutes Leben für alle zu erreichen. Gewalt, meist durch elitäre Gruppeninteressen propagiert, kann durch ausgewogen informierte, demokratisch mitbestimmende Frauen und Männer lokal, regional, national bis global verhindert werden.

Diesen hoffnungsvollen Erklärungen widersprechen militärische Vereinbarungen der Regierungen: Unter der Bezeichnung „Ständige, Strukturierte Zusammenarbeit“ (SSZ / PESCO) wurde 2017 eine verstärkte Militarisierung der EU gestartet und im November 2018 im Rahmen des österreichischen EU-Ratsvorsitzes konkretisiert. Zuvor trat Österreich dem NATO-Partnership-for-Peace-Programm bei und neuerdings wird eine Aufrüstung des Bundesheeres geplant.

Keines der akuten Menschheitsprobleme ist mit Waffengewalt und militärisch organisiertem Töten zu lösen. Ganz im Gegenteil: Kriegspropaganda unterstützt durch die Kriegsindustrie und das Schaffen von Feindbildern durch subtil manipulierende Machteliten verhindern eine zukunftsfähige Entwicklung für ein friedliches Leben für alle. Geopolitische Machtinteressen sowie die gewalttätige Aneignung natürlicher Ressourcen stehen in fundamentalem Widerspruch zum Völkerrecht, das ein Gewaltverbot deklariert. Um der Expansion des militärisch-industriellen Komplexes entgegen zu treten, bedarf es friedensfördernder Bemühungen, durch die die Bevölkerung demokratisch erklärt, dass Rüstung nicht zu Sicherheit führt, und die Verteidigung der Freiheit nicht an Heere gebunden ist. Die Umlenkung von Militärausgaben in Richtung der Umsetzung der SDG würde nachhaltig zu weltweiter Sicherheit beitragen, sobald alle Menschen genug zu essen, ein Dach über dem Kopf, sowie Zugang zu ärztlicher Versorgung, zu Bildung und ein existenzsicherndes Einkommen für menschenwürdige Tätigkeiten haben.

Neutrales Österreich – aktiv für den Frieden

Österreich hat sich als neutrales Land durch sein Engagement für weltweite Abrüstung ausgezeichnet (Vertrag zum Verbot von Anti-Personen-Minen, Vertrag zum Verbot von Streubomben, Nichtweiterverbreitungsvertrag und Verbotsvertrag von Atomwaffen, etc.). In Österreich wirkt eine lebendige, dem Frieden und der Gerechtigkeit verpflichtete Zivilgesellschaft. Sie baut auf einem reichen Schatz an Wissen über Konfliktlösung und Friedensarbeit mit historischen Vorbildern auf: Bertha von Suttner, Alfred Fried, Karl Kraus, Franz Jägerstätter, Hildegard Goss-Mayr, Stefan Matzenberger, Gerald Mader, Hans Thirring u.a. In dieser Tradition muss sich Österreich, beginnend im eigenen Land, weiter proaktiv um Frieden und Gewaltfreiheit auf allen politischen Ebenen bemühen.

Die immerwährende Neutralität Österreichs wird von einer überwältigenden Mehrheit der ÖsterreicherInnen unterstützt und besagt, dass Österreich keine militärischen Aktivitäten fremder Staaten auf seinem Gebiet zulässt, keinen militärischen Bündnissen beitritt und eine aktive Friedenspolitik betreibt. Jegliche Art der Teilnahme Österreichs (finanziell, logistisch, militärisch) an der Militarisierung der EU, an Kooperationen mit der NATO oder an militärischen Auslandseinsätzen widerspricht der Neutralität und ist daher entschieden abzulehnen.
daher verpflichtet sich Österreich zu einer eigenen, aktiven Friedensarbeit, um in Zusammenarbeit mit anderen Staaten und Organisationen für Gewaltfreiheit einzutreten:

  • für eine friedensstiftende Außen- und Sicherheitspolitik durch zivile, gewaltfreie Mittel;
  • gegen eine Militarisierung Österreichs und der EU;
  • für weltweite Abrüstung, bis dahin den internationalen Waffenhandel für militärische Zwecke abzuschaffen, vor allem österreichische Exporte militärischer Produkte;
  • für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, die der Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen dient und dabei die Menschenrechte achtet, um sozialen und wirtschaftlichen Spannungen und Abhängigkeiten vorzubeugen, und um Gewalt zu unterbinden;
  • für eine Politik, die Fluchtursachen abbaut, Geflüchteten hilft und ihnen auch in Österreich Schutz gewährt, wenn internationale und interne Kriege oder ökologische Zerstörung und Klimawandel Migration verursachen.

Eine aktive Friedens- und Neutralitätspolitik umfasst u.a. folgende Maßnahmen:

  • Aktive Friedenspolitik im In- und Ausland als Staatsziel in der Verfassung verankern und deren Umsetzung institutionalisieren, um staatliche und zivilgesellschaftliche Maßnahmen zur Friedenserhaltung und -stiftung zu initiieren und zu koordinieren, wofür Mittel in wirksamer Größenordnung (mindestens 1% des Bundesbudgets) eingesetzt werden.
  • Staatlich geförderte, zivile Friedensdienste mit geschulten Friedensfachkräften zur Prävention, bzw. zum Abbau von Konflikten und zur Stabilisierung des Friedens nach gewaltsamen Konflikten aufbauen und im In- und Ausland anbieten.
  • Eigenständige, wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklungsstrategien aus der Bevölkerung erarbeiten, um die SDG zu verwirklichen – lokal bis global.
  • Die österreichische Diplomatie und andere AkteurInnen aktiv für effiziente Vermittlungstätigkeiten in Konflikten in Kooperation mit anderen neutralen und nichtpaktgebundenen Staaten sowie internationalen, friedensstiftenden Organisationen wirksam einsetzen.
  • Keine wie immer geartete Beteiligung an militärischen Bündnissen und (Re-)Militarisierungsbestrebungen, wie beispielsweise am NATO-Partnership- for-Peace-Programm, an PESCO (Permanent Structured Cooperation der EU / deutsch: SSZ – Ständige, Strukturierte Zusammenarbeit), an den EU-Battlegroups, an der EU-Rüstungsagentur und bei Aufrüstungsverpflichtungen.
  • Kontinuierliche, politische Aktivitäten für die weltweite Durchsetzung des Menschenrechts auf Wehrdienst- bzw. Kriegsdienstverweigerung und die Aufnahme dieser Fluchtgründe ins Asylrecht.
  • Friedensbildung auf allen Ebenen des nationalen Bildungssystems sowie internationale Austauschprogramme für Friedensbildung einführen.
  • Friedensforschung an heimischen Hochschulen und Universitäten substanziell auf- und ausbauen, inkl. internationaler Studiengänge und Kooperationen.

Mit dem Blick auf die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft kann Österreich so zu einem Modell werden, das im eigenen Land und weltweit einen wegweisenden Beitrag für gewaltfreie Konfliktlösung, zum Schutz der Menschenrechte in allen Lebens- und Arbeitsbereichen, für größere Gerechtigkeit und sozialen Frieden zu leisten vermag.

Die Möglichkeiten einer aktiven Friedens- und Neutralitätspolitik können wir am besten nutzen, indem wir die Glaubwürdigkeit der Neutralität wiederherstellen, national Friedensbildung und -forschung massiv fördern, sowie gegen jegliche Militarisierung, wo auch immer, auftreten und uns für friedenspolitische Mittel auf allen Ebenen einsetzen.

Wien, im Juni 2019