Aktive Neutralität
Österreich hat Zukunft – mit seiner immerwährenden Neutralität!
Im Februar / März 2024 veranstaltete das Internationale Friedensbüro (IPB) eine 6teilige Webinar-Serie zum Thema NEUTRALITY.
Bitte sehen Sie die VIDEOS des Webinars hier weiter unten nach dem Einleitungstext.
> zur VIDEO-Aufzeichnung aller 6 Webinar-Sessions
Die leidvollen Kriegserfahrungen von Generationen, wo in fast jeder Familie Todesopfer, Verwundete und Traumatisierte zu beklagen waren, führten letztendlich zum Beschluss des österreichischen Nationalrates vom 26. Oktober 1955 über die immerwährende Neutralität Österreichs.
> Am 15. Mai zelebrieren wir jährlich die Unterzeichnung des Staatsvertrages > Kundgebungen und Statement für die Neutralität
> Wie wirkte der Zweite Weltkrieg in die Generation der 68er hinein? Ein Gespräch mit der Autorin Sabine Bode. (Frankfurter Rundschau)
> Sterben und Tod als Kriegserfahrung. Dissertation von Eva Kosa
Heute hingegen ist Hochrüstung erneut zum Thema geworden. Laut SIPRI wurden 2022 weltweit 2.140 Milliarden US Dollar für das Militär ausgegeben. Die Ausgaben für die zivile Friedenssicherung hingegen bewegen sich im Promillebereich dieser gigantischen Summe. Hier könnte Österreich als neutraler Staat beispielgebend vorangehen. Eindeutig an erster Steller der Rüstungsausgaben liegt die USA, dahinter China und die EU angeführt von Frankreich und Deutschland und dann Russland, Saudi Arabien und die anderen Staaten.
Nach dem Brexit ist Frankreich die einzige verbleibende Atommacht innerhalb der EU. Jedoch sind von der NATO US-amerikanische Waffen mit Atomsprengköpfen in Deutschland und anderen europäischen und asiatischen Ländern rund um die Sowjetunion stationiert. Kaum war der Brexit mit Ende Jänner 2020 offiziell, meldete sich bereits am 7. Feb. 2020 Präsident Macron zu Wort (siehe Beitrag „Frankreich stellt Führungsanspruch) und forderte eine verstärkte Hochrüstung mit Atomwaffen innerhalb der EU. Als einzige Atommacht der EU würde vorrangig die französische Atomindustrie davon profitieren und weltweit die atomare Hochrüstungsspirale weiter nach oben treiben.
Um die Zerstörungsgewalt der heute verfügbaren Waffen, allen voran der Atomwaffen, zu verdeutlichen: Allein das nukleare Zerstörungspotential der USA kommt auf eine Megatonnage von 2.000 TNT, was etwa einem Äquivalent von 140.000 (!) Hiroshima-Bomben entspricht. (Dieter Senghass, Der Friede und seine Erforschung, im Jahrbuch Friedenskultur „Friedensforschung in Österreich Bilanz und Perspektiven“ Herausgeber Werner Wintersteiner und Lisa Wolf)
„NEUTRALITY“ – Webinar of the International Peace Bureau (IPB), March 2024:
Webinar Series: 6 Sessions on Neutrality
Enkhsaikhan Jargalsaikhan, Mongolia
Roberto Zamora, Costa Rica
Anuradha Chenoy (Jawaharlal Univ., India)
Bevan Ramsden, Australia
Niamh Aine Ni Bhriain (TNI, Irland)
Annemarie Sancar, Switzerland
Neutrales Österreich – aktiv für den Frieden
Österreich hat sich als neutrales Land durch sein Engagement für weltweite Abrüstung ausgezeichnet (Vertrag zum Verbot von Anti-Personen-Minen, Vertrag zum Verbot von Streubomben, Nichtweiterverbreitungsvertrag und Verbotsvertrag von Atomwaffen, etc.). In Österreich wirkt eine lebendige, dem Frieden und der Gerechtigkeit verpflichtete Zivilgesellschaft. Sie baut auf einem reichen Schatz an Wissen über Konfliktlösung und Friedensarbeit mit historischen Vorbildern auf: Bertha von Suttner, Alfred Fried, Karl Kraus, Franz Jägerstätter, Hildegard Goss-Mayr, Stefan Matzenberger, Gerald Mader, Hans Thirring u.a. In dieser Tradition muss sich Österreich, beginnend im eigenen Land, weiter proaktiv um Frieden und Gewaltfreiheit auf allen politischen Ebenen bemühen.
Die immerwährende Neutralität Österreichs wird von einer überwältigenden Mehrheit der ÖsterreicherInnen unterstützt und besagt, dass Österreich keine militärischen Aktivitäten fremder Staaten auf seinem Gebiet zulässt, keinen militärischen Bündnissen beitritt und eine aktive Friedenspolitik betreibt. Jegliche Art der Teilnahme Österreichs (finanziell, logistisch, militärisch) an der Militarisierung der EU, an Kooperationen mit der NATO oder an militärischen Auslandseinsätzen widerspricht der Neutralität und ist daher entschieden abzulehnen.
Daher verpflichtet sich Österreich zu einer eigenen, aktiven Friedensarbeit, um in Zusammenarbeit mit anderen Staaten und Organisationen für Gewaltfreiheit einzutreten:
- für eine friedensstiftende Außen- und Sicherheitspolitik durch zivile, gewaltfreie Mittel;
- gegen eine Militarisierung Österreichs und der EU;
- für weltweite Abrüstung, bis dahin den internationalen Waffenhandel für militärische Zwecke abzuschaffen, vor allem österreichische Exporte militärischer Produkte;
- für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, die der Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen dient und dabei die Menschenrechte achtet, um sozialen und wirtschaftlichen Spannungen und Abhängigkeiten vorzubeugen, und um Gewalt zu unterbinden;
- eine Politik, die Fluchtursachen abbaut, Geflüchteten hilft und ihnen auch in Österreich Schutz gewährt, wenn internationale und interne Kriege oder ökologische Zerstörung und Klimawandel Migration verursachen.
Mit dem Blick auf die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft kann Österreich so zu einem Modell werden, das im eigenen Land und weltweit einen wegweisenden Beitrag für gewaltfreie Konfliktlösung, zum Schutz der Menschenrechte in allen Lebens- und Arbeitsbereichen, für größere Gerechtigkeit und sozialen Frieden zu leisten vermag.
Österreichs Beteiligung an der Militarisierung der EU
Mit zunehmender Militarisierung der Europäischen Union (siehe „Friedensunion EU?“) droht diese zu einer militärischen Supermacht zu werden. Damit erlangt die EU die Fähigkeit, überall auf der Welt militärisch zu intervenieren und Kriege zu führen. Diese enorme Aufrüstung der EU-Staaten – Trump fordert von den NATO-Staaten 2% Rüstungsaufgaben jährlich – sehen wir als Vergeudung von Mitteln, die für notwendige Maßnahmen wie Bildung, Soziales, Umwelt- und Klimaschutz sowie für die aktive Friedenssicherung eingesetzt werden könnten. (Von den derzeit 30 NATO-Mitgliedsländern sind 22 EU-Staaten. Trumps Forderung betrifft also 2/3 der EU-Staaten direkt.)
Die im Aktionsbündnis AbFaNG vernetzten Organisationen fordern:
- Stärkung der Vereinten Nationen und des Gewaltverbotes der UN-Charta.
- Verstärktes Engagement des neutralen Österreichs für den internationalen Dialog und für Abrüstung, vor allem der Atomwaffen.
- Die EU darf kein Militärblock werden! Daher keine EU-Armee, Erhaltung der Einstimmigkeit in der EU bei Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik, damit neutrale und blockfreie Staaten nicht überstimmt werden können.
Eine aktive Friedens- und Neutralitätspolitik umfasst daher u.a.:
- Aktive Friedenspolitik im In- und Ausland als Staatsziel in der Verfassung verankern und deren Umsetzung institutionalisieren, um staatliche und zivilgesellschaftliche Maßnahmen zur Friedenserhaltung und -stiftung zu initiieren und zu koordinieren, wofür Mittel in wirksamer Größenordnung (mindestens 1% des Bundesbudgets) eingesetzt werden.
- Staatlich geförderte, zivile Friedensdienste mit geschulten Friedensfachkräften zur Prävention, bzw. zum Abbau von Konflikten und zur Stabilisierung des Friedens nach gewaltsamen Konflikten aufbauen und im In- und Ausland anbieten.
- Eigenständige, wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklungsstrategien aus der Bevölkerung erarbeiten, um die SDG zu verwirklichen – lokal bis global.
- Die österreichische Diplomatie und andere AkteurInnen aktiv für effiziente Vermittlungstätigkeiten in Konflikten in Kooperation mit anderen neutralen und nichtpaktgebundenen Staaten sowie internationalen, friedensstiftenden Organisationen wirksam
- Keine wie immer geartete Beteiligung an militärischen Bündnissen und (Re-) Militarisierungsbestrebungen, wie beispielsweise am NATO-Partnership-for-Peace-Programm, an PESCO (Permanent Structured Cooperation der EU), an den EU-Battlegroups, an der EU-Rüstungsagentur und bei Aufrüstungsverpflichtungen.
- Kontinuierliche, politische Aktivitäten für die weltweite Durchsetzung des Menschenrechts auf Wehrdienst- bzw. Kriegsdienstverweigerung und die Aufnahme dieser Fluchtgründe ins Asylrecht.
- Friedensbildung auf allen Ebenen des nationalen Bildungssystems sowie internationale Austauschprogramme für Friedensbildung einführen.
- Friedensforschung an heimischen Hochschulen und Universitäten substanziell auf- und ausbauen, inkl. internationaler Studiengänge und Kooperationen.
Nie wieder Krieg!
Kein einziger Krieg hat zu einem wirklichen Frieden geführt sondern nur Zerstörung, Chaos und Leid hinterlassen!