2025: Friedensdiskussion am Volksstimmefest

Bereits seit 1946 findet auf Wiesen im Wiener Prater das Volksstimmefest statt. In den letzten Jahrzehnten findet der „Treffpunkt der linken Kultur- und NGO-Szene“ immer am ersten Wochenende im September statt. Diese „Freiluftmesse engagierter Gruppen und Initiativen“ zieht vor allem durch sein umfangreiches Musik- und Veranstaltungsprogramm jährlich 10.000de Besucher:innen an. Podiumsdiskussionen und Informationsangebote zu den Themen Frieden, soziale Gerechtigkeit, Minderheitenschutz u.a.m. gehören zum regelmäßigen Programm des Volksstimmefestes. 

Website des Voksstimmefestes mit umfangreicher Fotodokumentation   
Mehr über die Geschichte des Volksstimmefestes

Friedensfrühstück am Volksstimmefest 

Unter dem Namen „Friedensfrühstück“ findet seit einigen Jahren am Sonntagvormittag am Volksstimmefest eine Podiumsdiskussion statt.
2025 waren am Podium zu Gast: Cornelia Hildebrandt, Ruth Katz, Osama Zatar, Luisa Sello, Alexej Klutschewsky und Irmgard Ehrenberger. Gute 30 Zuhörer:innen folgten den spannenden Statements und forderten das Podium mit ihren interessanten Fragen.

Cornelia Hildebrandt (Europäische Linke)

Cornelia Hildebrand stellt fest, dass sich in der aktuellen geopolitischen Situation Hoffnungslosigkeit und sogar Angst unter den Jüngeren breit macht. Nicht nur wegen der expandierenden Kriege, sondern auch wegen der zunehmenden Gefahr einer Klimakatastrophe. Die Sorge ums Überleben sollte jedoch durch Gestaltungskräfte zur Krisenbewältigung abgelöst werden. Sie ruft auf, nicht nur für Menschenrechte einzutreten, sondern auch für Menschlichkeit.
Sowohl von PolitikerInnen, als auch von den Medien und der Bevölkerung ist das Völkerrecht einzumahnen. Die kostspieligen Aufrüstungspläne bringen statt Sicherheit einerseits eine erhöhte Gefahr durch eine Rüstungsspirale und andererseits durch die Vergrößerung der sozialen Ungleichheit, die durch Sparmaßnahmen angefeuert wird. Die Klimakatastrophe wird durch die Rüstung und deren Einsatz beschleunigt. Der alte Plan eines atomwaffenfreien Europas sollte mithilfe des Atomwaffenverbotsvertrages wieder als politisches Ziel verfolgt werden.
> zum Statement von Cornelia Hildebrandt

Ruth Katz & Osama Zatar (onestatembassy)

Ruth Katz stammt aus Israel, Osama Zatar wurde in Ramallah / Palästina geboren. Beide sind künstlerisch tätig. Sie sind aktiv in der Bewegung „standing together“ und treten für gerechten Frieden in Palästina ein. Sie wenden sich gegen Nationalismus und Rassismus auf der jüdischen UND der palästinensischen Seite und setzen sich für die konsequente Umsetzung der Menschenrechte im Nahen Osten ein. Sie fordern die Diplomaten auf, an die Friedensbemühungen des vorigen Jahrhunderts anzuknüpfen, um alle Volksgruppen in Palästina von der militärischen Dominanz zu befreien und ein friedliches, ziviles Leben für alle Menschen zu ermöglichen. Beide rufen alle auf, dieses Bemühen zu unterstützen.

Luisa Sello (Dialop)

Die christlich-marxistische Dialog-Vereinigung bemüht sich um gemeinsame Friedensarbeit. Dem Gut-Böse-Gegensatz will sie den Dialog entgegensetzen, der auch die Himmel-Hölle Position hinterfragt. Genauso gilt es aber, die Gleichgültigkeit vieler Menschen zu hinterfragen bzw. zu verhindern.
Die Gefahren für das persönliche Leben, aber auch für die Gemeinschaft, müssen erkannt, ihre Ursachen analysiert und gemeinsam beseitigt werden. Die gläubigen Christen können sich nicht auf Christus den Friedensfürsten ausreden, sondern seiner Botschaft folgen, aktiv für Menschlichkeit einzutreten und am Wohl der Menschenfamilie mitzuarbeiten. Träumen wir als Kinder der gleichen Erde von einer stützenden Gemeinschaft, überwinden wir Konflikte solidarisch. 
>zum Statement von Luisa Sello 

< Luisa Sello, links im Bild, neben ihr Irmgard Ehrenberger

Alexej Klutschewsky (Sozialwissenschafter mit russischen Wurzeln)

Klutschewsky weist darauf hin, dass ein möglicher Waffenstillstand im russisch-ukrainischen Krieg eine Reihe humanitärer und rechtlicher Herausforderungen aufwerfen wird, auf die sich die Politik vorbereiten muss: Wie können die Rechte der verschiedenen Sprachgruppen geschützt und in einer künftigen Ordnung verankert werden? In welchen Regionen ist Zweisprachigkeit erforderlich, die in Schulen und Behörden umzusetzen ist? Wie geht man mit Gegnern und Kollaborateuren um? Wird es unkontrollierte Verfolgung geben oder kann sich eine rechtsstaatliche Ordnung durchsetzen? Wer kann eine polizeiliche Ordnung herstellen? Wie werden Personen behandelt, die russische Pässe angenommen haben? Auf beiden Seiten wurden verdächtigte Personen inhaftiert. Es bedarf einer Rechtsprechung des Friedens, um die Kriegsgegner zu versöhnen. Wie wird Amnestie gestaltet? Wie ergeht es RückkehrerInnen, die ihr Eigentum und ihre Wohnung wieder in Anspruch nehmen wollen? Was geschieht mit russischen Zuwanderern, falls besetzte Gebiete an die Ukraine übergeben werden würden?
Ein entscheidender Schritt für jede künftige Versöhnung wäre zudem das gezielte Zurückfahren der entmenschlichenden Propaganda in den Medien beider Länder. Neben der Beseitigung der Kriegsschäden ist der Zwiespalt zwischen den Konfliktparteien zu überwinden. Nachhaltiger Frieden ist ohne Versöhnung in der Ukraine und in Russland, sowie zwischen UkrainerInnen und RussInnen nicht denkbar.

Irmgard Ehrenberger (Internationaler Versöhnungsbund)

Irmgard Ehrenberger weist auf die zunehmende Kriegsgefahr hin: Die Weltuntergangsuhr stand im Jänner 2025 auf 89 Sekunden vor Mitternacht und seither zeichnete sich keine Entspannung ab. Im Gegenteil, die NATO und die EU beschleunigen die Aufrüstung und lösen eine beängstigende Rüstungsspirale aus, während Budgetmittel für Bildung und sozialen Ausgleich, sowie für Klimaschutzmaßnahmen in Rüstungsausgaben umgewidmet werden. Diese Kriegspropaganda nützt nur der Rüstungsindustrie und schadet dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die internationalen Organisationen werden entmachtet: Weder UNO noch OSZE bringen geopolitische Entspannung zustande. Wir dürfen uns nicht entmutigen lassen und Politik wie Medien zu Friedensarbeit drängen. Dabei sollten sich die Friedensgruppen abstimmen, um gemeinsam stärkeren Widerstand gegen die Militarisierung zu leisten. Wenn wir die Jugend nicht auf die Straße bringen, könnten die SeniorInnen vor dem Außenministerium für Friedensdiplomatie demonstrieren. Kriege entstehen aus den Köpfen der Menschen, aber Frieden soll aus dem Geist der Menschen diesen überwinden.
>zum Statement von Irmgard Ehrenberger

Peter Degischer koordinierte und arrangierte das „Friedensfrühstück“ am Volksstimmefest 2025

Gerhard Kofler moderierte das Panel beim „Friedensfrühstück 2025“

Das Panel beim „Friedensfrühstück“ am Volksstimmefest 2025.
Die Gruppe wurde vom transform-Stand mit Kaffee versorgt und AbFaNG bot Friedens-Croissants an.

DISKUSSION
Bei der Diskussion ergänzt Leo Gabriel (Weltsozialforum), dass die UNO-Generalversammlung mit 2/3-Mehrheit einen Friedenseinsatz beschließen könnte. Das ist bisher noch nie geschehen und eine Durchführung ist eher ungewiss. Österreichs Außenpolitik könnte auf den Wiener Kongress verweisen, wo Sieger und Verlierer eine neue Friedensordnung in Europa für einige Jahrzehnte zustande brachten. Wegen der globalen Kriegssituation erkennen Umweltbewegungen, dass ohne Frieden die Welt nicht zu retten sei und versuchen gemeinsam für Frieden einzutreten. 
Walter Baier (EL) bemerkt, dass gegen die Russen als Feindbild Stimmung gemacht wird und dabei vergessen wird, dass die Rote Armee unter zahlreichen Opfern Österreich 1945 befreite. Neutralität hätte Gründe zu vermitteln.
Boris Lechthaler (Solidarwerkstatt) meint, dass die Diskussion über die Aufgabe der Neutralität Österreichs durch einen NATO-Beitritt genauso verwerflich ist, wie die Unterstützung der Militarisierung der EU, die von NATO-Mitgliedern dominiert wird.

 

Friedensdiskussion 2024

Zusammenfassung der Statements der Podiumsteilnehmer:innen Verena Winiwarter, Peter Weish, Andreas Schütz, Ilse Kleinschuster, Rosa Logar und Gerhard Kofler beim „Friedensfrühstück“ am 1. September. Den Bericht verfasste Peter Degischer. 
> zu den Diskussionsbeiträgen 

Text von Stefan Zweig aus „Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers“ (pdf)

Zwei eindrucksvolle Plakatausstellungen begleiteten die Friedensveranstaltung: eine Sonderausstellung über das Leben und Wirken von Stefan Heym und sechs satirische Poster des österreichischen Grafikers MADeMOISL mit Originalfotos aus dem Zweiten Weltkrieg, die mit einem Originalzitat von Stefan Zweig konterkariert werden. MADeMOISLs Stil erinnert an den berühmten Nazikritiker John Heartfield, der mit seinen satirischen Grafiken provozierte.